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Typografie: der »Optische Randausgleich« macht den Blocksatz schön

By 16. Januar 2019März 20th, 2021No Comments

Einer der thematischen Schwerpunkte in meinen Seminaren und Workshops zu Typografie und Layout sind der Umgang mit verschiedenen Satzarten. Neben Flattersatz, Formsatz oder Axialsatz gehört der Blocksatz zu den wichtigen Satztechniken und leistet wichtige Dienste für den Leser. Gerade lange Texte und Textkolumnen beispielsweise in Magazinen, Büchern oder Tageszeitungen lassen sich nämlich im Blocksatz besser lesen. Neu: Dazu auch ein passendes Webinar.

Dennoch höre ich immer wieder, dass Gestalter und Designer anstelle des Blocksatzes von vorn herein den Flattersatz wählen, um ein scheinbar aufwändiges Nacharbeiten zur Vermeidung ungleicher Wortabstände zu umgehen.

Fakt ist, dass die Voreinstellungen in Adobe InDesign nur unzureichend sind, um damit einen wirklich guten Blocksatz zu erzielen. Das kann man jedoch leicht ändern: Mit den richtigen Einstellungen für Wort- und Zeichenabstand sowie Glyphenskalierung lässt sich ein lückenloser Blocksatz automatisch und ohne Nachbearbeitung von Text- oder Laufweitenänderungen der Schrift erzeugen.

Der »Optische Randausgleich» verschönert den Blocksatz
Ein wichtiges Hilfsmittel zum schönen Blocksatz bietet die Funktion »Optischer Randausgleich» . Viele InDesigner kennen diese Funktion, jedoch nur wenige wenden sie auch an. Aber warum? Weil sie fälschlicherweise als ein digitaler Optik-Trick angesehen wird.

Mit Hilfe des »Optischen Randausgleichs» bietet sich die Möglichkeit, Satzzeichen wie Punkt, Komma, Gedanken- oder Trennstrich (Divis), die am Ende einer Textzeile stehen, an der rechten Rahmenbox ein wenig nach rechts herauszustellen, um ein ausgeglichenes Blocksatzbild zu erreichen. Der Randausgleich erfolgt immer im Zusammenhang mit aufeinander folgenden Trennstrichen an Zeilenenden. Damit bietet diese Funktion ein hervorragendes Feintuning, um Lesbarkeit und Ästhetik eines Schriftsatzes zu optimieren. Bereits im Handsatz und Bleisatz kam diese Form der Ausgleichsfunktion handwerklich zur Anwendung. Alle Teilnehmer sind immer hellauf begeistert, wenn ich Ihnen die Möglichkeiten zur Optimierung der Voreinstellungen bei meinen Workshops und Seminaren im Detail vorstelle.

Worttrennungen sind erlaubt
Worttrennungen sind nach der Rechtschreibung nicht nur erlaubt: Im Blocksatz sind sie auch notwendig. Worttrennungen vermeiden allzu große Lücken bei Wortabständen. Dabei gilt ganz klar die typografische Regel: drei Trennungen untereinander sind möglich! Damit jedoch bei möglichen drei Trennstrichen untereinander die rechte Blocksatzkante nicht wie eingerückt wirkt oder optisch ungerade verläuft, stellt die Funktion »Optischer Randausgleich» alle Trennstriche soweit aus der Text-Box nach rechts hinaus, bis die Textkante eben optisch ausgeglichen wirkt. Genial!

So wird der »Optische Randausgleich» in Adobe InDesign aktiviert
Sie benötigen dazu die Bedienfelder InDesign-Menü: Schrift/Textabschnitt sowie InDesign-Menü: Schrift/Absatz.
Nachdem Sie den Blocksatz erstellt haben, klicken Sie die Textbox an. Im Bedienfeld InDesign-Menü: Schrift/Textabschnitt können Sie den »Optischen Randausgleich« aktivieren. Ganz wichtig dabei ist, dass im Untermenü des Bedienfeldes Absatz das Häkchen bei »Optischen Rand ignorieren« deaktiviert ist. Erst dann können Sie den »Optischen Randausgleich« anwenden.

Der »Optische Randausgleich» hat handwerkliche Tradition
Wie schon erwähnt, ist der »Optische Randausgleich« kein digitaler Verschönerungstrick im Blocksatz sondern er beruht auf einer handwerklichen Tradition. Wie man den Randausgleich beim Blocksatz im Winkelhaken setzt, zeigte mir 1975 mein damaliger Meister während meiner Ausbildung als Schriftsetzer im Bleisatz.
Besonders schön war es, anläßlich meiner Workshop-Woche in Leipzig diese Technik des optischen Randausgleichs den Typo-Nerds in der Setzergasse des Museums für Druckkunst einmal life vorzuführen:
In der damaligen Zeit wurde der Winkelhaken zum Sammeln der Lettern verwendet. Bei einer angenommennen Satzbreite von 20 Cicero (typografisches Maßsystem; 1 Cicero = 12 Punkt = ca. 4,5 mm; 20 Cicero also ca. 90 mm Satzbreite) wurde die jeweilige Satzzeile nach bestimmten Satzregeln mittels Wortausschlußmaterial durch vergrößern oder verkleinern der Wortabstände zum Block ausgeschlossen. Dabei wurde jedoch rechts am Satzende jeweils ein 1,5- oder 2 pt-Spatium (nichtdruckendes Ausschlußmaterial; etwa so breit wie ein Trennstrich) vorgesetzt. Es wurde immer dann weggelassen, wenn die Zeile mit einer Trennung (Divis) oder einem Komma endete. So konnte man den rechten Blocksatzrand bestmöglich ausgleichen.
In der Akzidenzsetzerei wurde diese Blocksatztechnik als Feinsatz bezeichnet. Er verlangte durch die vielen kleinen 1,5 pt-Spatien am Zeilenende besondere Aufmerksamkeit beim Ausheben der Zeilen aus dem Winkelhaken und wurde daher mit einem höheren Stundensatz als üblich berechnet.

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Mein Praxis-Tipp für Blocksatz:

  • Achten Sie in Adobe InDesignunter Schrift/Absatz/Abstände auf die richtigen Einstellungen bei Wort- und Zeichenabständen
  • Arbeiten Sie bei der Silbentrennung mit maximal drei Trennstrichen
  • Wenden Sie den »Optischen Randausgleich« an
  • Achten Sie zum besseren Textverständnis am Zeilenende auf sinnvolle Trennungen (Poli-tiker, nicht: Po-litiker; Waren-lager, nicht: Warenla-ger …)

Here we go!

Gerne zeige ich Ihnen in meinen Workshops »Profi werden in Typografie und Layout« sowie »Detailtypografie und Layout im Kommunikationsdesign« mehr zu diesem Thema und vor allem, wie Sie den lückenlosen Blocksatz automatisch und ohne Nacharbeit durch die richtigen Voreinstellungen in InDesign erstellen können. Ich freue mich