„Stimmt es, dass die typografische Qualität von Drucksachen in den 1960ern und 1970ern viel besser war als heute?“ Diese Frage stellen mir gelegentlich Kursteilnehmende. „Früher war alles besser“ höre ich auch oft die alten Kollegen sagen. Aber lässt sich das so einfach pauschalisieren?
Frage mit Folgen
Die Frage hat mich ganz schön nachdenklich gestimmt. In der Tat: Diese Vermutung und Aussage habe ich im Verlauf meines langen und aktiven Berufslebens schon x-mal zu hören bekommen. Ich konstatiere: Vor über 40 Jahren begann ich meine Ausbildung als Schriftsetzer im Bleisatz in einem grafischen Großbetrieb, in dem vom Akzidenzsatz bis zur Tageszeitung alles erstellt wurde. Heute coache ich überwiegend Grafik- und Kommunikationsdesigner sowie Mediengestalter meist in Unternehmen und direkt zu spezifischen Themen ihres Arbeitsalltags .
Vom Bleisatz zur Typografie im Responsive Web Design
Ein paar Zwischenstationen meiner Karriere: Bleisatz im Handsatz für anspruchsvolle Akzidenzdrucksachen, Maschinensatz im Linotype-Verfahren für Massendrucksachen der Buch-, Zeitungs- und Zeitschriftenproduktion. Die Umstellung auf Fotosatz: Diatype, Staromat Titelsatz und Filmmontage für den Offset-Druck. Später Klebeumbruch aus Papierabzügen, Reinzeichenmontagen auf Karton mit der Stahlschiene, Positiv-Retuschen mit Pinsel und Rapidograf. Noch später das Schriften rubbeln mit Letraset und Skalpell, Copic-Marker, Layoutpapier, Bildplatte, Overheadfolien und Diktafon, die uns beim Präsentieren von Werbestrategien unterstützen sollten. Unabhängig davon, ob Sie mit diesen Begriffen etwas anfangen können: Sie sehen, ich habe in meinem Berufsleben das Kommen und Gehen vieler „neuer“ Techniken miterlebt.
Der Wandel von Produktionstechnologien in der visuellen Kommunikation bedeutet ständige Veränderung. Nicht jede neue Technik ist schlechter als die alte, aber auch nicht jede alte Technik besser als die neue. Heute genießen wir einen Komfort, der mit der früheren Arbeit als Bleisetzer und Buchdrucker nicht mehr zu vergleichen ist. Und um ehrlich zu sein: Ich möchte heute nicht mehr täglich acht Stunden lang mit Winkelhaken und Setzkasten arbeiten, auch wenn ich nach wie vor große Begeisterung für das Traditionshandwerk empfinde und gelegentlich sogar noch Workshops zu Bleisatz gebe.
Beispiele mit Tief- und Abgang
Um die Frage nach der Qualität zu beantworten und um zu klären, ob früher wirklich alles besser war, habe ich mich in meiner umfangreichen Sammlung von historischen Drucksachen umgesehen. Einige davon stammen aus der Zeit, als Handsatz, Maschinensatz und Buchdruck noch Alltag waren; Andere aus der Zeit, als ein wachsendes Konsumverhalten die Nachfrage nach Kommunikationsdesign rasant erhöhte und sich ein technischer Wandel vollzog. Die folgenden Galerien zeigen Druckbeispiele aus diesen beiden „Druckepochen“, dem Akzidenzsatz und der Industrieproduktion. Wenn Sie mich fragen, sehe ich anhand der Druckbeispiele keinesfalls die Aussage bestätigt, dass Schrift-, Layout- und Druckqualität früher grundsätzlich besser waren. Wie in allen anderen Branchen gibt es jedoch auch im Kommunikationsdesign in allen Epochen weiße und schwarze Schafe. Aber urteilen Sie am besten selbst …
Druckbeispiele aus dem Akzidenzsatz und dem Maschinensatz in der Industrieproduktion aus meiner umfangreichen Sammlung zu Druckobjekten aus den 1950er bis 1970er Jahren
Die folgenden Bildbeispiele entstammen meiner umfangreichen Sammlung von original Drucksachen, die ich vor allem in der Zeit meiner Ausbildung gesammelt habe. Vieles wurde mir von Freunden und Liebhabern „bibliophiler Kunst“ zu treuen Händen übereignet, manches konnte ich bei Wohnungsräumungen vor dem Container retten.
Beispiele aus dem Akzidenzsatz
(Drucksachen in kleiner Auflage, die meist im Handsatz gesetzt und im Buchdruck mit dem Heidelberger Tiegel gedruckt wurden:
Beispiele in großen Druckauflagen
(Drucksachen, die meist in Graphischen Großbetrieben im Maschinensatz gesetzt, im Buchdruck auf modernen Zylinderpressen gedruckt und in Buchbindereien weiterverarbeitet wurden:
Auch interessant: Individuell vor Ort: Inhouse-Seminare und Workshops zu Typografie, Layout und Print-Produktion.
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